Aller Anfang ist schwer

Published by Timo Gerber on

Nach fast 47 Jahren Lebenszeit, habe ich im Mai 2017 erlebt was einen guten Rollercoaster ausmachen kann und dass einem Mann in den besten Jahren eine schlechte Bahn so richtig die Laune vermiesen kann. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mal einen eigenen Blog eröffne, um hoffentlich mal einige Coaster Buddies um mich zu scharen. Denn eines ist sicher: Im Rudel macht das Coastern doch viel mehr Spaß, als in der Single Rider Queue.

Doch der Reihe nach:

In jungen Jahren habe ich mit meinem Bruder sämtliche Freizeitparks erkundet, die mit maximal 4 Autostunden erreichbar waren und alles gefahren, was sich irgendwie dreht oder auf Schienen fährt. So waren wir im Heidepark Soltau, Warner Brothers Movie Park Bottrop/Kirchhellen, Legoland Billund, Bremer Space Center, Serengeti Park Hodenhagen und natürlich dem Hansapark in Sierksdorf. Vom Heidepark waren wir damals vollauf begeistert und hatten auch für 2 Jahre Saisonpässe. So haben wir auch die Entstehung der „Schweizer Bobbahn“ und die Holzachterbahn „Collossus“ im Heidepark mit begleitet. Das war eine wirklich schöne Zeit, aber die Technologie war in Europa doch noch stark in den Kinderschuhen, wenn man einen direkten Vergleich zu Rollercoastern in den USA zieht. Aber das wussten wir ja nicht. Das Internet war noch echtes Neuland und man sammelte Coupons in Schokoriegel-Multipackungen. Wie konnte ich denn nun so vom rechten Pfad abkommen?

Die Antwort ist leicht gefunden. Wenn man Familie hat, werden andere Prioritäten gesetzt und wenn man nicht aufpasst, verliert man viele Dinge aus den Augen, die man als junger Mensch als so natürlich gegeben sieht. Als ich dann 2011 meinen Stiefkindern in den Sommerferien den Heidepark mit meinen Augen zeigen wollte, da hat es mich dann vollends aus den Coaster-Schuhen gehauen. Ich bin mit dem Inverted Coaster „Limit“ gefahren und kam mit Kopf- und Nackenschmerzen aus der Bahn. Den ganzen Tag ging es mir auch nicht mehr besser und so nahm ich an, dass meine Zeit mit Achterbahnen nun endgültig vorbei sei.

Doch in diesem Jahr lud mich ein sehr guter Freund und der „Erfinder“ des Namens Coaster Buddy in den Hansapark ein. Gemeinsam mit seiner kleineren Tochter (9 Jahre) sollten wir die Achterbahn „Der Fluch von Novgorod“ erkunden. By the way: Der Hansapark hatte mich und meinen Bruder Ende der Neunziger und Anfang der Achtziger nie so hinter dem Ofen hervorgelockt. Einige Attraktionen sahen auch schier ungepflegt aus. Doch im Mai 2017 sollte alles anders werden:

Wir betraten bei schönstem Wetter den blumenreichen Park. Eine kleine Band begrüßte uns mit jazzigem Sound. Das war schon mal sehr cool! Nach kurzer Beratschlagung wurde dann auch gleich „Der Fluch von Novgorod“ als erste Bahn ausgemacht. Dieses Erlebnis muss ich euch hier genauer schildern, denn dies war mein entscheidender Wendepunk: Wir betreten eine Art Friedhof der von dunklen Bäumen umgeben ist, so dass ich schon vor dem Betreten der Bahn einen Stimmungswandel spüre. Dann kommen wir in ein dunkles Gebäude. 2 bunte Gemälde an der Wand sind punktuell beleuchtet und scheinen von Kindern gemalt worden zu sein. Doch plötzlich gehen gemalte Personen in Flammen auf. Die Geschichte um den Fluch beginnt. Ja, schon in der Warteschlange könne wir hier viel sehen und erkunden. So klopft es auch schon mal an einer geschlossenen Tür. Ein anderes Mal fällt fast ein Lüster auf die wartende Meute. Eine animierte Büste treibt die Geschichte um den Fluch weiter an. Dann kommt die letzte Biegung vom Wartebereich in den Bahnhof. WOW! So etwas hatte ich bisher noch nicht gesehen: Der moderne Zug besteht nur aus einem Wagen. 2 Reihen à 4 Personen bieten also 8 Personen Platz. Über dem Wagen erstrahlt ein weiterer Lüster und erhellt die Szenerie zum Ein- und Aussteigen der Fahrgäste. Wenn der Zug abfahrbereit ist, dann flackert das Licht, bis es fast erlischt. Ein orchestraler Tusch ertönt, eine hölzerne Flügeltür schwingt auf und die Bahn fährt los. Die Türen schwingen zurück, das Licht geht wieder an und die nächste Bahn fährt in den Bahnhof. Die Ride Ops sind nett und freundlich und messen unsere kleine Begleiterin. Sie ist sehr stolz, als festgestellt wird, dass sie ganze 4 cm über der Mindestgröße liegt. Der Bahnbetreuer freut sich mit ihr und attestiert ihr sehr viel Mut, dass sie mit dieser Bahn schon fährt. Dann weist die Kleine auf mich. Wahrscheinlich denkt der nette Mann, dass ich ihr Großvater sei. „Timo fährt diese Bahn zum ersten Mal!“ sagt sie lächelnd. Der Ride Op nickt mir zu und wünscht mir viel Spaß bei der ersten Fahrt. Brille und Rucksack werden mir abgenommen und ich setze mich auf meinen Platz. Gerne gebe ich zu, dass ich ein flaues Gefühl im Magen verspürt habe. Und genau das ist der Kick, den meinesgleichen suchen, wenn wir eine neue Bahn erkunden! ? Ich hatte ganz vergessen wie sich das anfühlt. Doch hatte ich auch Angst um mein Rücken, Nacken und auch meinen Bauch. Ob die drei solch eine Fahrt auch so gut fänden wie ich und meine Neugier? Doch was solls, jetzt sitze ich in der Bahn: Das Licht flackert. Der Tusch ertönt. Die Türen gehen auf und der Wagen setzt sich langsam aber sanft, sehr sanft in Bewegung. Dann stoppt der Wagen in der Dunkelheit. Die Türen hinter uns sind schon wieder geschlossen. Eine Statue wird rechts neben uns angestrahlt. Dann bewegt sie sich und es tritt ein Geist aus der Figur heraus und schmettert schwertschwingend eine kurze Arie. Dann ein Windstoß und die Erscheinung verfliegt. Der Wagen rollt in die nächste Szene. Auch diese ist durch Türen voneinander abgegrenzt. Eine Art Mönch spricht noch eine letzte Warnung, dann ein kurzer Drop und AAAAAAAAAAABSCHUSSSSSSSSSSSSSSSSSS… mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 1,4 Sekunden werden wir einen Tunnel entlang Katapultiert. Die schnelle Fahrt drückt mich in den Sitz. Kein Rumpeln, Ruckeln oder gar Stöße sind zu spüren. Der Wagen rast mit affenartigem Tempo aus dem Tunnel aus dem Gebäude, rauf auf einen Hügel: AIRTIME!!! Dann geht es weiter in den sogenannten Buchtknoten. Eine Fahrfigur, die eben diesem Knoten nachempfunden ist. Diese Figur beinhaltet eine Inversion. Eine sogenannte Heart roll. Eine Rolle, die exakt auf einer Achse vollführt wird. Ich lache und schreie die ganze Zeit. Dann fährt die Bahn wieder in das Gebäude und ich fühle mich gut. Kurze aber tolle fahrt. Doch meine kleine Sitznachbarin, lächelt mich wissend an: “Da kommt noch was, Timo!“ OK, also den Blick wieder nach vorn gerichtet. Es wird wieder dunkel. Also haben sich hinter uns wieder Türen geschlossen. Dann sehe ich die Kette eines Lifts vor mir. Aber was ist das? Der Lift zieht uns ja 90° in die Dunkelheit!!! Wieder ertönt eine tiefe Stimme. „Ich bin immer noch hier!!!“ Oben am Ende des Lifts erstrahlt eine Geisterfratze. Dann kippt die Bahn und es geht ab in die Tiefe. Doch nicht in 70° oder 80°. Nein es geht in 94° hinab in die absolute Schwärze. Keine Ahnung, was die Bahn jetzt alles vollführt. Aber es ist GEIL! Dann landet die Bahn wieder sicher im Bahnhof und ich bin vollgepumpt mit Glücksgefühl und Lebensfreude. Wenn das die neue Achterbahntechnologie ist, dann will ich mehr von dieser süßen Verführung erleben. Keine Schmerzen im Rücken oder Nacken. Das flaue Gefühl im Magen ist dem Hunger nach noch mehr Thrill gewichen.

Ja, Freunde von Rollercoastern, so bin ich erst vor Kurzem wieder zum Besuchen von Freizeitparks bekehrt worden. Und gerne teile ich mit allen Interessierten meine Neugier und meine Entdeckungen. Bei meinen Recherchen sind mir die vielen Youtuber, die sich dieses Themas angenommen haben nicht entgangen. Gerade http://ridereview.de hat mich gut informiert und macht viel Laune. Und ich möchte meinen eigenen Kreis von Buddies aufbauen und vielleicht später mit gemeinsamen Parkbesuchen und Touren neue Bahnen erkunden und viel, viel Spaß haben.

Stay tuned. Demnächst können sich Einsteiger, Interessierte und Wiedereinsteiger (so wie ich einer bin) gerne an dieser Stelle als Buddies registrieren. Ich hab‘ Bock auf mehr! Ihr auch? – Schreibt einfach eure Meinung in die Kommentare. Live long and prosper \\//


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